Marketingmanagement I: Übersicht

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Ohne Kunden kein Unternehmen – diese Formel klingt simpel. Gleichzeitig fordert sie heraus, Produkte, Dienstleistungen und Unternehmen radikal aus der Kundenperspektive zu betrachten.

Diese Aufgabe, die Kundenperspektive für das Unternehmen zu analysieren, wird als Marketingmanagement bezeichnet. Diese Artikelserie will Marketingmanagement beschreiben. Dazu wird die Marketingstrategie in drei Teile zerlegt: Analyse, Strategie und Handlung. Das so entstandene Framework wird in diesem Artikel diskutiert.

Analyse: Die fünf C
  • Kunde (Customer): Was sind die Wünsche und Bedürfnisse der Kunden? Wessen Bedürfnisse können gewinnbringend befriedigt werden? Wie kann Marketing einen Mehrwert für diesen Kunden schaffen und seinen Entscheidungsprozess beeinflussen? Wer ist im B2B-Kontext Teil der Entscheidung?
  • Unternehmen (Company): Welche Kernkompetenzen (z.B. Ressourcen, Fachkenntnisse) hat oder braucht das Unternehmen, damit die Anforderungen des Kunden erfüllt werden können? Worin ist das Unternehmen sehr, sehr gut? Was unterscheidet das Unternehmen von anderen Firmen auf dem Markt, indem es Wert für den Kunden schafft?
  • Wettbewerb (Competitor): Gibt es weitere Unternehmen, die die Bedürfnisse des Kunden erfüllen oder erfüllen wollen? Falls der Kunde nicht das eigene Produkt wählt, um sein Problem zu lösen, wessen Produkt wird stattdessen gewählt? Grundsätzlich sollen hier sowohl aktuelle als auch aufstrebende Wettbewerber einbezogen werden.
  • Partner (Collaborators): Gibt es andere Unternehmen, mit denen eine Zusammenarbeit erforderlich oder hilfreich ist, um die Bedürfnisse Ihrer Kunden zu erfüllen? Wird z.B. Unterstützung bei der Herstellung benötigt? Oder muss vielleicht ein Teil oder eine Technologie eingekauft werden, damit das Produkt oder die Dienstleistung Erfolg haben?
  • Umfeld (Context): Welche Umweltfaktoren begrenzen oder erweitern die Fähigkeiten des Unternehmens? Diese Faktoren können politische, wirtschaftliche, soziale / kulturelle, technologische, ökologische oder rechtliche Faktoren sein. Was passiert auf dem Markt, auf dem das Unternehmen tätig ist? Wie kann der Markt (und das Unternehmen) zu Erfolg oder Misserfolg gelenkt werden?

 

Strategie: STP
  • Segment: Kann der Kunde in Kundengruppen unterteilt werden? Der effektivste Ansatz besteht darin, sie nach Wünschen und Bedürfnissen in Bezug auf das Produkt zu gruppieren. Die meisten Unternehmen segmentieren auch nach demografischen Merkmalen und nach psychographischen und Verhaltensunterschieden.
  • Ziel (Target): Targeting ist der Prozess der Entscheidung, welches Segment zuerst mit dem Marketingplan angegangen werden soll, und ob bzw. in welcher Reihenfolge durch die verbleibenden adressierbaren Segmente vorgegangen werden soll. Dabei sollten die Stärken und Schwächen des Unternehmens, die Ziele, die benötigten Ressourcen, die verfügbaren Mitarbeiter und die möglichen finanziellen Erträge jedes Segments berücksichtigt werden.
  • Position: Wie wird das Angebot den Kunden präsentiert? Positionierung beinhaltet die Entwicklung einer Positionierungsaussage, die den Zielkunden, seine Wünsche, den Produkttyp / die Produktkategorie und den Hauptnutzen des Produkts identifiziert.

 

Handlung: Die vier P
  • Produktpolitik (Product): Durch Produkte, Dienstleistungen und Erfahrungen wird Wert für den Kunden geschaffen. In welchem Maße benötigt der Kunde ein komplettes Produkt oder eine „schlüsselfertige Komplettlösung“? Wie kann maximaler Wert für den Kunden geschaffen werden, sodass der Kunde zum Kauf bewegt wird?.
  • Kommunikation (Promotion): Kommunikation macht Kunden auf das Angebot aufmerksam und baut die Marke auf, die dieses Angebot und das Unternehmen identifiziert. Hauptziel ist es, Markenbewusstsein zu schaffen und Markenwerte aufzubauen, indem Folgendes definiert wird: Markenidentität, Markenbedeutung, Markenreaktionen und Markenbeziehungen.
  • Vertriebspolitik (Place): Welcher Vertriebskanal ist am besten geeignet, um den Kunden Zugang zum Produkt zu bieten? Dies kann einen einzigen exklusiven Vertriebskanal oder mehrere Kanäle (Omnichannel) umfassen, wie zum Beispiel Online-Shops, Einzelhändler oder eigene Verkaufsstellen.
  • Preispolitik (Price): Wie kann der geschaffene Wert quantifiziert werden? Wie viel ist der Kunde bereit, für diesen Wert zu zahlen?

 

Übersicht der Beiträge

Da allein diese Einleitung bereits einige Worte enthält, wird die Detailbeschreibung dieser Punkte in einige Artikel unterteilt und dann nach und nach hier verlinkt. Derzeit sieht mein Plan so aus:

  1. Übersicht: Hier wird das Framework vorgestellt.
  2. Kundenanalyse: Der zweite Teil beginnt mit der Analyse, auf der dann Strategie und Handlung aufbauen. Besonderer Fokus liegt hierbei auf dem Kunden, welcher eines der fünf C’s darstellt.
  3. Strategie: Hier wird eine Strategie formuliert. Grundlage starker Strategien ist die Analyse, deren Ergebnisse regelmäßig geprüft werden müssen.
  4. Produktpolitik: Nun beginnt der Bereich Handlung mit dem ersten P. Begonnen wird mit Produkten, denn Entscheidungen über Produkte (und Dienstleistungen) können zur aktuellen Strategie beitragen.
  5. Kommunikation: Das zweite P stellt das Element des Marketings dar, das für die meisten Menschen am auffälligsten und bekannt ist: Werbung und Branding.
  6. Vertriebspolitik: Das dritte P der Handlungsphase wird in diesem Teil erläutert.
  7. Preispolitik: Das vierte P stellt die Preisstrategie dar, die den strategischen Zielen am besten entspricht. Gleichzeitig bildet dies den Abschluss der Handlungsphase, da dies das letzte verbliebene P darstellt.
  8. Kundenzentriertes Marketing: Es wurden Analysephase, intensive Strategie- und Handlungsphase durchlaufen. Nun folgt wieder die Analyse. In diesem letzten Teil wird all dies zum Kundenbeziehungsmanagement verbunden, denn Kunden sollen ja auch nach dem Kauf loyal sein.
  9. Agile Perspektive: Eine Reflektion der Theorie aus agiler Perspektive.

Meine Seite ist CO2-neutral

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Es gibt CO2-neutrale Internetseiten?

Anders gefragt: Es entsteht CO2 durch Internetseiten? Ja.

Nach einer Studie von Dr. Alexander Wissner-Gross, Umweltaktivist und Harvard-Physiker, verursacht eine durchschnittliche Internetseite ca. 0,02g CO2 pro Seitenaufruf. Angenommen ein normaler Blog besitzt 15.000 Seitenaufrufe im Monat, ergibt dies einen jährlichen CO2-Ausstoß von 3,6kg. Zurückzuführen ist dieser Wert hauptsächlich auf den immensen Stromverbrauch, der durch die Nutzung von (Groß-)Rechnern, Servern und deren notwendige Kühlung anfällt.

Quelle: http://www.kaufda.de/umwelt/co2-neutral/1-baum-1-blog-so-funktionierts/.

Dieser Verbrauch kann durch das Pflanzen von Bäumen kompensiert werden. Genau dies wird von der Aktion „Mach’s grün“, die Umweltinitiative von kaufDA, und „I Plant a Tree“, einer gemeinnützigen GmbH getan. Aber wie viel CO2 nimmt ein Baum pro Jahr auf?

Der United Nations Framework Convention on Climate Change (UNFCCC), das internationale Umweltabkommen der Vereinten Nationen, rechnet, dass ein Baum pro Jahr etwa 10kg CO2 absorbiert.

Quelle: http://www.kaufda.de/umwelt/co2-neutral/1-baum-1-blog-so-funktionierts/.

Es ist also sehr wahrscheinlich, dass meine Internetseite für die Lebenszeit eines Baumes CO2-neutral ist.


Online-Prospekte umweltfreundlich

Aufklärung entscheidender struktureller Aspekte einer enantioselektiven Peptid-katalysierten Acylierung mittels moderner NMR-Techniken

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E. Procházková, A. Kolmer, J. Ilgen, M. Schwab, L. Kaltschnee, M. Fredersdorf, V. Schmidts, R. C. Wende, P. R. Schreiner, C. M. Thiele
Uncovering Key Structural Features of an Enantioselective Peptide-Catalyzed Acylation Utilizing Advanced NMR Techniques
Angew. Chem. 2016, 128, 15986–15991, Angew. Chem. Int. Ed. 2016, 55, 15754–15759.

Evaluation der Genauigkeit von Abständen aus NOE-Daten II

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C. M. Thiele, A. Kolmer
Response to “Comment on „Conformational Analysis of Small Organic Molecules using NOE and RDC data: A discussion of strychnine and alpha-methylene-gamma-butyrolactone“” by I. A. Khodov, M. G. Kiselev, V. V. Klochkov, S. V. Efimov – or Life is about compromises
J. Magn. Reson. 2016, 266, 69-72.

Eine meiner Veröffentlichungen beschäftigt sich mit der Evaluation der Genauigkeit von Abständen aus NOE-Daten.1A. Kolmer, L. J. Edwards, I. Kuprov C. M. Thiele, J. Magn. Reson. 2015, 261, 101–109. Dazu werden unter anderem die Ergebnisse verschiedener Näherungsverfahren zur Mittelung von Abständen diskutiert.

Diese Verfahren lösten anscheinend Unzufriedenheit aus, denn ein Kommentar zweifelte an der Gültigkeit dieser Näherungsverfahren und verlangte stattdessen eine exakte Behandlung der Mittelungen.2I. A. Khodov, M. G. Kiselev, S. V. Efimov, V. V. Klochkov, J. Magn. Reson. 2016, 266, 67-68.

In dieser Antwort auf den Kommentar wird gezeigt, dass diese literaturbekannte Mittelung3J. Tropp, J. Chem. Phys. 1980, 72, 6035-6043. 4D. Neuhaus, M. P. Williamson, The Nuclear Overhauser Effect in Structural and Conformational Analysis, 2 Aufl., Wiley, Chichester, 2000. eine valide Annahme darstellt. Gleichzeitig führt ihre Anwendung zu einer besseren Beschreibung der experimentellen Daten. Daher wird die im Kommentar vorgeschlagene Vorangehensweise als unpraktisch zurückgewiesen.

Aufklärung des Photozersetzungsmechanismus zweier N-Heterotetracene

Geschätzte Lesezeit: 6 Minuten.

N. Kolmer-Anderl, A. Kolmer, C. M. Thiele, M. Rehahn
Exploration of the photodegradation of naphtho[2,3-g]quinoxalines and pyrazino[2,3-b]phenazines
Chem. Eur. J. 2016, 22, 5277-5287.

2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 ist ein Vertreter der Klasse der Naphtho[2,3-g]chinoxaline, die von Kolmer-Anderl und Rehahn als funktionale Binder in anorganisch-organischen Feldeffekttransistoren entwickelt wurden.1N. Kolmer-Anderl, N-Heteroacene als funktionale Halbleiter in anorganisch-organischen Feldeffekttransistoren, Dissertation, TU Darmstadt, 2014. Das LUMO-Energieniveau dieser Molekülklasse kann durch die variablen Substitutionen (im Falle von 1 entsprechen die Substituenten zwei Methylgruppen) variiert und somit idealerweise an die Leitungsbandkante des anorganischen Partners angepasst werden. Außerdem bietet sie dank ihrer Löslichkeit in organischen Lösemitteln die Möglichkeit, durch Druckprozesse verarbeitet zu werden.

Zur Verwendung der Verbindungen in Feldeffekttransistoren ist es wichtig, dass sie zersetzungsstabil gegenüber Licht sind. Die Verarbeitung durch Druckprozesse fordert weiterhin eine Stabilität gegenüber Sauerstoff in Lösung. Es soll daher anhand des für die Molekülklasse der Naphtho[2,3-g]chinoxaline beispielhaften 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalins 1 herausgefunden werden, ob und wie eine Zersetzung unter Einfluss von Licht und Sauerstoff stattfindet.

Analog zu Tetracen2D. W. Bjarneson, N. O. Petersen, J. Photochem. Photobiol. A 1992, 63, 327–335. kann angenommen werden, dass 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 entweder einer Oxidation über die Peroxide 2 zu den Chinonen 3 unterliegt. Alternativ ist eine [4+4]-Cycloaddition denkbar,3J. Reichwagen, H. Hopf, A. Del Guerzo, J.-P. Desvergne, H. Bouas-Laurent, Org. Lett. 2004, 6,1899–1902. 4A. G. L. Olive, A. Del Guerzo, J.-L. Pozzo, J.-P. Desvergne, J. Reichwagen, H. Hopf, J. Phys. Org. Chem. 2007, 20, 838–844. deren Produkte die Dimere 4 darstellen.

tetracen-1
Mögliche Photooxidation von 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1.

tetracen-2
Mögliche Dimerisierungsprodukte von 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1.

Sowohl 1 als auch die Zersetzungsprodukte sind als starr anzusehen. Aufgrund der Spiegelsymmetrie sowie des geringen Protonierungsgrades der Verbindungen ist davon auszugehen, dass nur wenige strukturaufklärungsrelevante Informationen erhalten werden können. Daher wird die Frage der Konstitution der Zersetzungsprodukte durch Kombination der Aufnahme von HMBC-Spektren und der Berechnung chemischer Verschiebungen untersucht.

2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 wurde in THF-d8 gelöst, das NMR-Röhrchen verschlossen und die Lösung mit einer Glühbirne (100 W) bestrahlt. Nach jeweils einer Stunde Bestrahlung wurden 1H-Spektren aufgenommen, die zeigten, dass eine Zersetzung stattfindet. Nach fünf Stunden sind keine Signale von 1 mehr sichtbar. Außerdem erscheinen neue Signale, die durch Aufnahme von HSQC- und HMBC-Spektren nach vier Stunden Bestrahlungszeit und Vergleich mit berechneten chemischen Verschiebungen den Peroxiden 2a und 2b zugeordnet werden konnten. Im weiteren Verlauf der Bestrahlung erscheinen auch Signale der Chinone 3a und 3b. Der Hauptzersetzungspfad wird dabei durch 2b und 3b dargestellt.

Durch Verschließen einer Probe unter Vakuum konnte eine sauerstofffreie Lösung hergestellt werden. Erneut wurden 1H-Spektren aufgenommen, in denen jedoch keine Oxidation mehr zu erkennen ist. Stattdessen erschienen Signale, die durch Vergleich mit berechneten chemischen Verschiebungen den Dimeren 4g4l zugeordnet wurden.

Aus diesen Untersuchungen konnten zwei Rückschlüsse gezogen werden: Erstens ist eine Unterdrückung der Chinonbildung durch sauerstofffreie Verarbeitung von 1 möglich. Zweitens ist die reaktivste Position von 1 diejenige, deren Reaktion zu 2b und 3b führt.

Zur Blockierung dieser reaktivsten Position wurden daher von Kolmer-Anderl weitere Stickstoffatome an Stelle der reaktivsten CH-Gruppe in das Molekülgerüst eingeführt. Dies führt zur Klasse der Pyrazino[2,3-b]phenazine,5A. M. Amer, A. A. El-Bahnasawi, M. R. H. Mahran, M. Lapib, Monatsh. Chem. 1999, 130, 1217–1225. und gleichzeitig zu einer weiteren Absenkung der LUMO-Energieniveaus. Auch diese Klasse wurde auf Zersetzungsreaktionen untersucht. Dies geschah an 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5. Für 5 sind erneut sowohl Oxidationsreaktionen zu den Peroxiden 6 und den Chinonen 7 als auch [4+4]-Cycloadditionen zu den Dimeren 8 als Zersetzungsmechanismen denkbar.

tetracen-3
Mögliche Photooxidation von 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5.

tetracen-4
Mögliche Dimerisierungsprodukte von 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5.

Aufgrund der geringen Löslichkeit von 5 in THF-d8 konnten die Zersetzungsprodukte der Bestrahlung nicht aufgeklärt werden. Es zeigte sich aber, dass die Zersetzung deutlich langsamer stattfindet, da nach 20 Stunden Bestrahlungszeit noch signifikante Mengen von 5 vorhanden waren.

Zur Aufklärung der Zersetzungsprodukte wurde 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5 daher auch in CDCl3 gelöst. Die Zersetzung findet darin noch langsamer als in THF-d8 statt, nach 61 Stunden sind noch ca. 45% von 5 vorhanden. Außerdem können die Zersetzungsprodukte zugeordnet werden. Erneut bildet sich zuerst das Peroxid 6a, allerdings in deutlich geringeren Mengen als im Falle des 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalins 1. Die Weiterreaktion zu Chinon 7a kann ebenfalls beobachtet werden, ist aber ebenfalls deutlich langsamer als zuvor. Gleichzeitig finden sich Signale, die durch Vergleich mit berechneten chemischen Verschiebungen den Dimeren 8c und 8d zugeordnet werden konnten.

Zusammenfassend konnten die Zersetzungsmechanismen von 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 unter Lichteinfluss bei Sauerstoffan- und -abwesenheit aufgeklärt werden. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass die Einführung zweier zusätzlicher Stickstoffatome die Oxidationsempfindlichkeit von 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5 im Vergleich zu 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 deutlich reduziert, sodass auch unter Sauerstoffatmosphäre verarbeitet werden kann. Gleichzeitig zur erhöhten Stabilität konnte von Kolmer-Anderl auch gezeigt werden, dass die LUMO-Energieniveaus abgesenkt werden, was für die Verwendung der Molekülklasse in organischen Feldeffekttransistoren vorteilhaft ist.

Aufklärung von Struktur-Reaktivitäts-Beziehungen komplexer organischer Moleküle mit moderner NMR-Spektroskopie

Geschätzte Lesezeit: < 1 Minute.

A. Kolmer
Aufklärung von Struktur-Reaktivitäts-Beziehungen komplexer organischer Moleküle mit moderner NMR-Spektroskopie
Dissertation, Technische Universität Darmstadt 2015, Link.

Die vorliegende Dissertation leistet Beiträge zum Verständnis verschiedener Reaktionen komplexer organischer Moleküle mit moderner NMR-Spektroskopie. Dazu wird an verschiedenen Beispielen gezeigt, welchen Einfluss die molekulare Flexibilität auf die Wahl der passenden Methode oder Methodenkombination besitzt.

Im Rahmen dieser Dissertation konnten mehrere Erfolge erzielt werden. Erstens konnte die Genauigkeit und Anwendbarkeit der NOE- und RDC-Analyse deutlich verbessert werden. Zweitens gelang es, die Komplementarität der NOE- und RDC-Analyse an verschiedenen Beispielen zu demonstrieren. Drittens konnten dadurch verschiedene komplizierte Strukturaufklärungsprobleme gelöst werden, wodurch verschiedene Struktur-Reaktivitäts-Beziehungen aufgeklärt werden konnten. Die untersuchten Beispiele umfassten dabei drei Klassen der organischen Synthese: Photoreaktionen, katalysierte Reaktionen und Syntheseprodukte.

Evaluation der Genauigkeit von Abständen aus NOE-Daten I

Geschätzte Lesezeit: 10 Minuten.

A. Kolmer, L. J. Edwards, I. Kuprov C. M. Thiele
Conformational analysis of small organic molecules using NOE and RDC data: A discussion of strychnine and α-methylene-γ-butyrolactone
J. Magn. Reson. 2015, 261, 101–109.

Die Extraktion von genauen Abständen aus NOE-Daten wird evaluiert. Dazu wird eine Auswertungssoftware entwickelt und die Ergebnisse mit RDC-Ergebnissen verglichen, um Stärken und Schwächen beider Methoden herauszufinden.

Die von Butts et al.1C. P. Butts, C. R. Jones, J. N. Harvey, Chem. Commun. 2011, 47, 1193–1195. an Strychnin 1 diskutierte Methode zur Extraktion genauer Abstände aus NOE-Daten enthält verschiedene Annahmen, die zu Über- oder Falschinterpretationen der Ergebnisse führen könnten. Es wäre daher möglich, dass die Schlussfolgerung von Butts et al., die experimentell bestimmten Abstände nur durch konformationelle Flexibilität im Siebenring erklären zu können, im Falle der Ungültigkeit dieser Annahmen eine Fehlinterpretation darstellt. Daher müssen diese Annahmen überprüft werden.

strychninlacton-1
Die untersuchten Moleküle.

Gegen die Gültigkeit dieser Annahmen sprechen die folgenden möglichen Probleme oder Fehlerquellen. Die von Butts et al. verwendete Probe von Strychnin 1 wurde unter Sauerstoffatmosphäre abgeschmolzen. Allerdings gilt Sauerstoff als paramagnetischer Relaxationspartner, dessen Anwesenheit zu einer Veränderung der NOE-Intensitäten führen kann. Außerdem wurde ein einziger Datenpunkt bei einer Mischzeit von 500 ms aufgenommen, sodass die Gültigkeit der initial-rate-approximation nicht überprüft werden kann. Zusätzlich ist fraglich, ob die Wartezeit zwischen den Scans, die auf 1 s gesetzt wurde, ausreichend für komplette Relaxation ist bzw. ob trotz unterschiedlicher Relaxationszeitkonstanten ein „stationärer“ quantifizierbarer Zustand entsteht.

Neben diesen experimentellen Aspekten ist zu berücksichtigen, dass bei 600 MHz stark gekoppelte Protonen vorliegen. Trotz der Verwendung eines Moduls zur ZQS2M. J. Thrippleton, J. Keeler, Angew. Chem. Int. Ed. 2003, 42, 3938–3941. 3K. E. Cano, M. J. Thrippleton, J. Keeler, A. Shaka, J. Magn. Reson. 2004, 167, 291–297. 4M. J. Thrippleton, R. A. E. Edden, J. Keeler, J. Mag. Reson. 2005, 174, 97–109. ist es möglich, dass dieses abhängig von Kopplungskonstanten nicht effektiv arbeitet.5K. E. Cano, M. J. Thrippleton, J. Keeler, A. Shaka, J. Magn. Reson. 2004, 167, 291–297. Ein weiteres mögliches Artefakt entsteht durch Spindiffusion. Obwohl Spindiffusion nichtlinear sein sollte,6D. Neuhaus, M. P. Williamson, The Nuclear Overhauser Effect in Structural and Conformational Analysis, 2 Aufl., Wiley, Chichester, 2000. 7S. Macura, B. T. Farmer II, L. R. Brown, J. Magn. Reson. 1986, 70, 493–499. ist es möglich, dass diese Nichtlinearität durch Streuung der Datenpunkte nicht entdeckt wird.

Um diese möglichen Fehlerquellen zu untersuchen und auszuschließen, wurden Mischzeitserien von 50 – 400 ms in Schritten von 25 ms des 1D PFGSE NOE-Experiments8J. Stonehouse, P. Adell, J. Keeler, A. J. Shaka, J. Am. Chem. Soc. 1994, 116, 6037–6038. 9K. Stott, J. Stonehouse, J. Keeler, T.-L. Hwang, A. J. Shaka, J. Am. Chem. Soc. 1995, 117, 4199–4200. 10K. Stott, J. Keeler, Q. N. Van, A. J. Shaka, J. Magn. Reson. 1997, 125, 302–324. mit ZQS11M. J. Thrippleton, J. Keeler, Angew. Chem. Int. Ed. 2003, 42, 3938–3941. 12K. E. Cano, M. J. Thrippleton, J. Keeler, A. Shaka, J. Magn. Reson. 2004, 167, 291–297. 13M. J. Thrippleton, R. A. E. Edden, J. Keeler, J. Mag. Reson. 2005, 174, 97–109. aufgenommen und nach dem PANIC-Ansatz14S. Macura, B. T. Farmer II, L. R. Brown, J. Magn. Reson. 1986, 70, 493–499. 15H. Hu, K. Krishnamurthy, J. Magn. Reson. 2006, 182, 173–177. ausgewertet. Die Probe wurde unter Sauerstoffausschluss abgeschmolzen, und die Wartezeit zwischen den Scans wurde auf 15 s gesetzt (dies entspricht 5*T_1). Auf diese Art konnte ein Großteil der Abstände von Butts et al. reproduziert und verfeinert werden.

Der Einfluss der Nullquantenübergänge wurde durch Simulation von PANIC-Auftragungen mittels der Software SPINACH16Spinach version 1.3.1980, http://spindynamics.org/Spinach.php. 17H. J. Hogben, M. Krzystyniak, G. T. P. Charnock, P. Hore, I. Kuprov, J. Magn. Reson. 2011, 208, 179–194. 18I. Kuprov, J. Magn. Reson. 2011, 209, 31–38. 19A. Karabanov, I. Kuprov, G. T. P. Charnock, A. van der Drift, L. J. Edwards, W. Köckenberger, J. Chem. Phys. 2011, 135, 084106. getestet. Dazu wurden von Edwards die Möglichkeit konformationeller Flexibilität von Strychnin 1 sowie ein ZQS-Modul zur Verwendung in SPINACH entwickelt.

Dabei stellte sich heraus, dass das ZQS-Modul nicht immer perfekt arbeitet. Trotzdem stimmten die simulierten PANIC-Auftragungen nur dann mit den experimentellen überein, wenn konformationelle Flexibilität berücksichtigt wurde. Dies führt zur Schlussfolgerung, dass selbst wenn die bestimmten Abstände Nullquantenartefakte aufweisen, trotzdem konformationelle Flexibilität nötig ist, um die experimentellen Daten zu erklären. Da außerdem durch die Wahl der Größe des Basis-Sets auch Spindiffusion korrekt beschrieben werden kann, bedeutet dies analog, dass auch Spindiffusion keinen oder einen zu vernachlässigenden Einfluss auf den bestimmten Abstand hat.

Zur korrekten Beschreibung der Mittelung durch konformationelle Flexibilität bei der Auswertung von NOE-Daten wurde die Software WEEDHEAD entwickelt. Diese Software basiert auf dem Ansatz, dass durch Gleichung 1 gemittelte Abstände mit experimentellen Abständen verglichen werden sollen. Dazu werden Qualitätsfaktoren verwendet. Dabei wird keine Strukturoptimierung durchgeführt, stattdessen wird anhand der vorgegebenen Strukturvorschläge nach Minima der Konformerenpopulationen gesucht. Als Eingabedateien werden Strukturvorschläge als .xyz-Dateien sowie eine Datei mit den gemessenen Abständen benötigt.

r_{IS,\text{mittel}} = \left( \sum_{\mu = 1}^N \frac{p_\mu}{r_{IS,\mu}^6} \right) ^{- \frac{1}{6}}
Gleichung 1.

Mit Hilfe der bestimmten Abstände und der Software WEEDHEAD konnte ein Minimum des Qualitätsfaktors gefunden werden, welches der besten Übereinstimmung von gemittelten und experimentellen Daten entspricht. Dies liegt für Strychnin 1 bei 98% des Haupt- und 2% des Konformers mit alternativer Konformation des Siebenrings. Außerdem konnte die von Bifulco et al.20G. Bifulco, R. Riccio, G. E. Martin, A. V. Buevich, R. T. Williamson, Org. Lett. 2013, 15, 654–657. postulierte Flexibilität im Fünfring nicht beobachtet werden.

In der Literatur vorhandene RDC-Daten21C. M. Thiele, S. Berger, Org. Lett. 2003, 5, 705–708. 22C. M. Thiele, J. Org. Chem. 2004, 69, 7403–7413. 23 B. Luy, K. Kobzar, H. Kessler, Angew. Chem. 2004, 116, 1112–1115. 24N.-C. Meyer, A. Krupp, V. Schmidts, C. M. Thiele, M. Reggelin, Angew. Chem. 2012, 124, 8459–8463. 25N.-C. Meyer, Helikal chirale Polyacetylene in Katalyse und Analytik, Dissertation, TU Darmstadt, 2012. konnten mittels der MCST-Methode von RDC@hotFCHT26V. Schmidts, Entwicklung einer Auswertungssoftware zur Anwendung Residualer Dipolarer Kopplungen in der organischen Strukturaufklärung, Dissertation, TU Darmstadt, 2013. ebenfalls auf ihren Informationsgehalt bezüglich konformationeller Flexibilität des Siebenrings überprüft werden. Die Unterschiede der Qualitätsfaktoren sind allerdings nicht signifikant, sodass die RDC-Daten nur Hinweise auf Flexibilität beinhalten.

Nachdem die genaue Bestimmung von Distanzen aus NOE-Daten und deren Beschreibung implementiert ist, soll nun deren Robustheit geprüft werden. Dazu wird ein Molekül ausgewählt, das flexibler ist als Strychnin 1.

Für α-Methylen-γ-butyrolacton 2 existieren umfassende Studien zur Bestimmung konformationeller Flexibilität aus RDC-Daten.27C. M. Thiele, A. Marx, R. Berger, J. Fischer, M. Biel, A. Giannis, Angew. Chem. 2006, 118, 4566–4571. 28C. M. Thiele, V. Schmidts, B. Böttcher, I. Louzao, R. Berger, A. Maliniak, B. Stevensson, Angew. Chem. 2009, 121, 6836–6840. 29C. M. Thiele, A. Maliniak, B. Stevensson, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 12878–12879. 30B. Böttcher, Studien zu Konformation und Dynamik eines Palladium-Allyl-Komplexes und eines Wirkstoffes mit residualen dipolaren Kopplungen, Dissertation, TU Darmstadt, 2011. Ursprünglich war die Konfiguration der beiden Stereozentren im flexiblen Fünfring unbekannt, diese konnte mit RDCs zu trans bestimmt werden.31C. M. Thiele, A. Marx, R. Berger, J. Fischer, M. Biel, A. Giannis, Angew. Chem. 2006, 118, 4566–4571. Die Population des Hauptkonformers wurde dabei per MCST zu 60%, per MCMT zu 65% und per Kopplungskonstantenanalyse zu 60% bestimmt.32C. M. Thiele, V. Schmidts, B. Böttcher, I. Louzao, R. Berger, A. Maliniak, B. Stevensson, Angew. Chem. 2009, 121, 6836–6840. 33C. M. Thiele, A. Maliniak, B. Stevensson, J. Am. Chem. Soc. 2009, 131, 12878–12879. 34B. Böttcher, Studien zu Konformation und Dynamik eines Palladium-Allyl-Komplexes und eines Wirkstoffes mit residualen dipolaren Kopplungen, Dissertation, TU Darmstadt, 2011.

Nun sollte anhand des α-Methylen-γ-butyrolactons 2 getestet werden, ob mittels des NOEs ebenfalls gleichzeitig Konfiguration und Konformation bestimmt werden können. Dazu wurden erneut quantitative NOE nach der an Strychnin 1 erprobten Methode bestimmt. Anschließend wurde die Software WEEDHEAD erweitert, damit Mittelungsvorgänge von Methylgruppen nach Gleichung 2 korrekt beschrieben werden. Die beste Übereinstimmung zwischen experimentellen und gemittelten Daten wurde für die trans-Konfiguration beim Konformerenverhältnis 67:33% gefunden.

r_{IS,\text{Tropp}} \geq \left(\frac{1}{N} \sum_{\mu = 1}^N \frac{1}{r_{IS,\mu}^3} \right) ^{- \frac{1}{3}}
Gleichung 2.

Dieses Ergebnis ist in exzellenter Übereinstimmung mit dem Ergebnis der RDC-Analyse. Es konnte deshalb gezeigt werden, dass genaue NOE extrahiert werden können. Diese können so wie RDC-Daten zur Konfigurations- und Konformationsanalyse genutzt werden. Im Falle von Strychnin 1 ist es durch die NOE-Analyse sogar möglich, Flexibilität zu detektieren, die anhand der RDC-Daten nicht eindeutig sichtbar ist. Um die Stärken beider Methoden auszunutzen, ist es daher empfehlenswert, beide Parameter komplementär zu verwenden.

Untersuchung der Photocyclisierung von Dimethyldithienylcyclopenten

Geschätzte Lesezeit: 8 Minuten.

M. Fredersdorf, R. Göstl, A. Kolmer, V. Schmidts, P. Monecke, S. Hecht, C. M. Thiele
Exploring the Conformational Space of Bridge-Substituted Dithienylcyclopentenes
Chem. Eur. J. 2015, 21, 14545-14554.

Bei der Photocyclisierung von Dimethyldithienylcyclopenten 1 zu den geschlossenen Formen 2 und 3 entstehen zwei neue Stereozentren, deren Konfiguration entweder R,R,S,S (2) oder S,S,S,S (3) sowie deren Enantiomere entspricht. Die beiden entstehenden Moleküle sind Diastereomere, und können nicht ohne Ringöffnung ineinander umgewandelt werden.

dmdae-1
Cyclisierung von Dimethyldithienylcyclopenten 1.

Durch chromatographische Trennung kann das Verhältnis der beiden Diastereomere nach der Photocyclisierung bestimmt werden. Es zeigt sich, dass ein Diastereomerenüberschuss von 82-84% erreicht wird.1R. Göstl, B. Kobin, L. Grubert, M. Pätzel, S. Hecht, Chem. Eur. J. 2012, 18, 14282–14285. Allerdings ist nicht bekannt, welches der beiden Diastereomere gebildet wird. Ebenso ist der Grund für die Selektivität dieser Reaktion unbekannt.

Eine mögliche Erklärung ist eine helikale Vororientierung von 1 in Lösung. Die beiden cyclisierbaren Konformere 1a und 1b können durch Rotation um die Fünfring-Aryl-Bindung ineinander überführt werden und liegen in Lösung daher im Gleichgewicht vor. Gleichzeitig kann durch diese Rotation eine nicht-helikale Orientierung 1c erzeugt werden, die laut Woodward-Hoffmann-Regeln nicht cyclisierbar sein sollte. Analog zum Modell der konformationellen Selektion sollte das relative Verhältnis der Konformere 1a:1b das Diastereomerenverhältnis 2:3 beeinflussen.

Alternativ ist es möglich, dass die Photocyclisierungseffizienz der beiden Pfade unterschiedlich ist. Dies würde ebenfalls zur bevorzugten Bildung eines der beiden Diastereomere führen. Ebenso ist denkbar, dass beide Phänomene vorliegen und die Selektivität der Reaktion nur durch Berücksichtigung beider Aspekte erklärbar ist.

Die molekulare Komplexität liegt zum einen in der konformationellen Flexibilität der rotierbaren Fünfring-Aryl-Bindung, und zum anderen in der durch die Flexibilität des Fünfrings erzeugte Pseudosymmetrie. Aufgrund der Anzahl der Signale wird von schnellem Austausch ausgegangen. Aufgrund der Symmetrie und dem niedrigen Protonierungsgrad ist davon auszugehen, dass wenig experimentelle Parameter erhalten werden können, sodass eine kombinierte NOE-RDC-Analyse in Zusammenarbeit mit Fredersdorf angestrebt wurde.

Um also den Einfluss des Konformerengleichgewichts und der Photocyclisierung zu bestimmen, wird die Konformation von Dimethyldithienylcyclopenten 1 in Lösung untersucht. Als Lösemittel zur NOE- und isotropen Kopplungskonstantenbestimmung wurde CDCl3 gewählt, als anisotropes Medium wurde von Fredersdorf sowohl quervernetztes PBLG2T. Montag, C. M. Thiele, Chem. Eur. J. 2013, 19, 2271–2274. als auch Polyacetylen3N.-C. Meyer, A. Krupp, V. Schmidts, C. M. Thiele, M. Reggelin, Angew. Chem. 2012, 124, 8459–8463. verwendet.

Die Fragestellung der Vororientierung bezieht sich auf die Konformation der Fünfring-Aryl-Einfachbindung. Wird der Abstand des Thienylprotons zum Fünfringproton betrachtet, so ergeben sich für 1a und 1b zwei unterschiedliche Situationen. Im Falle von 1a befinden sich die Methylgruppen und die Protonen jeweils auf der gleichen Seite. Im Falle von 1b dagegen unterscheiden sich jeweils die Seiten, sodass der Abstand deutlich größer sein sollte.

Diese unterschiedlichen Abstände werden durch Berechnungen der Konformerenstrukturen von Fredersdorf und Schmidts bestätigt. Zusätzlich zu den zwei helikalen Strukturen 1a und 1b existiert die Orientierung 1c und ein weiteres Konformer 1d, die aber aufgrund der Woodward-Hoffmann-Regeln nicht zur Cyclisierung beitragen sollten. Eine besondere Herausforderung ist die Flexibilität des zentralen Fünfrings, die zu zwei gleich populierten Konformeren und somit zu einem pseudosymmetrischen Konformerenensemble führt. Für die vier Orientierungen 1a, 1b, 1c und 1d müssen somit insgesamt acht Konformere betrachtet werden.

Durch die Anwendung der quantitativen NOE-Auswertung4A. Kolmer, L. J. Edwards, I. Kuprov, C. M. Thiele, J. Magn. Reson. 2015, 261, 101–109. kann der Abstand des Thiophen-Protons zum Fünfringproton zu 2,62 ± 0,1 Å bestimmt werden. Mittels der Software WEEDHEAD5A. Kolmer, L. J. Edwards, I. Kuprov, C. M. Thiele, J. Magn. Reson. 2015, 261, 101–109. wird dieser Abstand mit aus Konformerenensembles gemittelten Abständen verglichen. Eine perfekte Übereinstimmung kann für Konformerenpopulationen von 83% bis 91% 1a gefunden werden.

dmdae-2
Vergleich des experimentellen und des gemittelten Abstandes. Die Konformere 1a und 1a’ sind durch die Flexibilität des Fünfrings ineinander überführbar. Die zu 100% fehlenden Konformerenpopulationen können durch 1b1b’, 1c1c’ oder 1d1d’, oder durch eine Mischung derselbigen besetzt sein.

Da aufgrund der Pseudosymmetrie nur ein Abstand quantifiziert werden konnte, wird dieses Ergebnis von Fredersdorf durch Aufnahme und Analyse von RDC-Daten verifiziert. Dazu müssen, ebenfalls aufgrund der Pseudosymmetrie, zusätzlich zu RDCs aus CLIP-HSQC6A. Enthart, J. C. Freudenberger, J. Furrera, H. Kessler, B. Luy, J. Magn. Reson. 2008, 192, 314–322. und HETLOC7M. Kurz, P. Schmieder, H. Kessler, Angew. Chem. 1991, 103, 1341–1342. 8D. Uhrín, G. Batta, V. J. Hruby, P. N. Barlow, K. E. Kövér, J. Magn. Reson. 1998, 130, 155–161. zwei weitere RDCs aus dem J-modulierten 1,1-ADEQUATE9B. Reif, M. Köck, R. Kerssebaum, J. Schleucher, C. Griesinger, J. Magn. Reson. B 1996, 112, 295–301. 10K. E. Kövér, P. Forgó, J. Magn. Reson. 2004, 166, 47–52. 11C. M. Thiele, W. Bermel, Magn. Reson. Chem. 2007, 45, 889–894. bestimmt werden.

Mit der Software RDC@hotFCHT12V. Schmidts, Entwicklung einer Auswertungssoftware zur Anwendung Residualer Dipolarer Kopplungen in der organischen Strukturaufklärung, Dissertation, TU Darmstadt, 2013. wurden die so gemessenen acht RDC mit den Konformeren verglichen. Es kann kein eindeutiges Minimum des Qualitätsfaktors gefunden werden. Stattdessen existiert ein Bereich an gleich guten Qualitätsfaktoren, deren Wert unter 0,1 liegt. Dieser Bereich umfasst ausschließlich Konformerenensembles, bei denen die Population von 1a größer als 50% ist. Dieses Ergebnis ist also im Einklang mit dem Resultat der NOE-Analyse.

Da die Konformerenpopulationen ungefähr dem Diastereomerenüberschuss entspricht, ist davon auszugehen, dass das Hauptprodukt der Photocyclisierung von 1 die R,R,S,S-Form 2 ist. Eventuell vorhandene Unterschiede der Photocyclisierungsraten scheinen keine oder nur eine untergeordnete Rolle zu spielen.

[1] R. Göstl, B. Kobin, L. Grubert, M. Pätzel, S. Hecht, Chem. Eur. J. 2012, 18, 14282–14285.
[2] T. Montag, C. M. Thiele, Chem. Eur. J. 2013, 19, 2271–2274.
[3] N.-C. Meyer, A. Krupp, V. Schmidts, C. M. Thiele, M. Reggelin, Angew. Chem. 2012, 124, 8459–8463.
[4] A. Kolmer, L. J. Edwards, I. Kuprov, C. M. Thiele, J. Magn. Reson. 2015, 261, 101–109.
[5] A. Enthart, J. C. Freudenberger, J. Furrera, H. Kessler, B. Luy, J. Magn. Reson. 2008, 192, 314–322.
[6] M. Kurz, P. Schmieder, H. Kessler, Angew. Chem. 1991, 103, 1341–1342.
[7] D. Uhrín, G. Batta, V. J. Hruby, P. N. Barlow, K. E. Kövér, J. Magn. Reson. 1998, 130, 155–161.
[8] B. Reif, M. Köck, R. Kerssebaum, J. Schleucher, C. Griesinger, J. Magn. Reson. B 1996, 112, 295–301.
[9] K. E. Kövér, P. Forgó, J. Magn. Reson. 2004, 166, 47–52.
[10] C. M. Thiele, W. Bermel, Magn. Reson. Chem. 2007, 45, 889–894.
[11] V. Schmidts, Entwicklung einer Auswertungssoftware zur Anwendung Residualer Dipolarer Kopplungen in der organischen Strukturaufklärung, Dissertation, TU Darmstadt, 2013.

Evaluation der Genauigkeit der RDC-Extraktion aus CLIP-Experimenten II

Geschätzte Lesezeit: 3 Minuten.

L. Kaltschnee, A. Kolmer, I. Timári, V. Schmidts, R. W. Adams, M. Nilsson, K. E Kövér, G. A Morris, C. M. Thiele
„Perfecting“ pure shift HSQC: full homodecoupling for accurate and precise determination of heteronuclear couplings
Chem. Commun. 2014, 50, 15702-15705.

Das BIRD-CLIP-Experiment1I. Timári, L. Kaltschnee, A. Kolmer, R. W. Adams, M. Nilsson, C. M. Thiele, G. A. Morris, K. E. Kövér, J. Magn. Reson. 2014, 239, 130-138. stellt eine Verbesserung gegenüber dem regulären CLIP-HSQC-Experiment dar. Durch die selektive Unterdrückung der Protonen-Protonen-Kopplung sollte die Extraktion von RDC-Daten mit höherer Genauigkeit möglich sein, wodurch bessere Analysen der zu untersuchenden Moleküle möglich sein sollten. Allerdings ist dieses Experiment noch nicht perfekt, da es keine geminalen Kopplungen von CH2-Gruppen unterdrücken kann.

Durch Kombination des perfect-echo-Elements mit dem BIRD-Filter konnte von Kaltschnee das perfectBIRD-CLIP-Experiment gestaltet werden. Dieser Filter erlaubt die zusätzliche Unterdrückung von geminalen 2JHH-Kopplungen in CH2-Gruppen, sodass reine Dubletts entstehen. Mit Ausnahme von 2JHH-Kopplungen in Methylgruppen in anisotroper Umgebung können so alle Protonen-Protonen-Kopplungen unterdrückt werden.

Dies konnte im isotropen und im anisotropen Medium gezeigt werden. Dazu wurden Proben von (+)-Isopinocampheol 1 in CD2Cl2 und CD2Cl2/PBDG hergestellt. Als besonderes Problem erwies sich, dass das gewählte Alignment zu einer totalen Kopplung von -38,4 Hz zwischen den geminalen Protonen H7a−H7s führte. Die Unterdrückung dieser Kopplung gelang Kaltschnee durch Reduktion der Länge der aufgenommenen FID-Stücke.

perfectbirdclip
Das untersuchte Molekül.

Die Auswertung der RDC-Daten zeigte, dass die Genauigkeit der RDC-Messung durch die Verwendung des perfectBIRD-Elements gegenüber den BIRD-CLIP-HSQC2I. Timári, L. Kaltschnee, A. Kolmer, R. W. Adams, M. Nilsson, C. M. Thiele, G. A. Morris, K. E. Kövér, J. Magn. Reson. 2014, 239, 130-138. und dem CLIP-HSQC3A. Enthart, J. C. Freudenberger, J. Furrera, H. Kessler, B. Luy, J. Magn. Reson. 2008, 192, 314–322. verbessert werden konnte. Gleichzeitig konnte durch eine systematische Fehlerbestimmung in Zusammenarbeit mit Kaltschnee und Schmidts gezeigt werden, dass der experimentelle Fehler der Kopplungskonstantenbestimmung verringert wird.

Besonders im Hinblick auf konformationelle Flexibilität ist diese Methode vielversprechend. Die erhöhte Genauigkeit ermöglicht es, den experimentellen Fehler der RDCs zu reduzieren. So sollten nicht populierte Konformere leichter identifiziert werden können. Außerdem sollte die Genauigkeit, mit der ein Minimum der RDC-Analyse bestimmt werden kann, ebenfalls erhöht wird. Somit werden wiederum verlässlichere Aussagen über Konformerenpopulationen ermöglicht.

Ein Nachteil der Methode ist die gegenüber dem regulären CLIP-HSQC verringerte Sensitivität und somit Signalintensität sowie die längere Experimentdauer. Bei der Betrachtung von Fällen geringer molekularer Komplexität, sowie bei der Untersuchung von Proben geringer Sensitivität, ist somit abzuwägen, ob der erhöhte Messzeitaufwand durch den erhofften Gewinn an Informationen über das zu untersuchende Molekül gerechtfertigt ist.