Aufklärung des Photozersetzungsmechanismus zweier N-Heterotetracene

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N. Kolmer-Anderl, A. Kolmer, C. M. Thiele, M. Rehahn
Exploration of the photodegradation of naphtho[2,3-g]quinoxalines and pyrazino[2,3-b]phenazines
Chem. Eur. J. 2016, 22, 5277-5287.

2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 ist ein Vertreter der Klasse der Naphtho[2,3-g]chinoxaline, die von Kolmer-Anderl und Rehahn als funktionale Binder in anorganisch-organischen Feldeffekttransistoren entwickelt wurden.1N. Kolmer-Anderl, N-Heteroacene als funktionale Halbleiter in anorganisch-organischen Feldeffekttransistoren, Dissertation, TU Darmstadt, 2014. Das LUMO-Energieniveau dieser Molekülklasse kann durch die variablen Substitutionen (im Falle von 1 entsprechen die Substituenten zwei Methylgruppen) variiert und somit idealerweise an die Leitungsbandkante des anorganischen Partners angepasst werden. Außerdem bietet sie dank ihrer Löslichkeit in organischen Lösemitteln die Möglichkeit, durch Druckprozesse verarbeitet zu werden.

Zur Verwendung der Verbindungen in Feldeffekttransistoren ist es wichtig, dass sie zersetzungsstabil gegenüber Licht sind. Die Verarbeitung durch Druckprozesse fordert weiterhin eine Stabilität gegenüber Sauerstoff in Lösung. Es soll daher anhand des für die Molekülklasse der Naphtho[2,3-g]chinoxaline beispielhaften 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalins 1 herausgefunden werden, ob und wie eine Zersetzung unter Einfluss von Licht und Sauerstoff stattfindet.

Analog zu Tetracen2D. W. Bjarneson, N. O. Petersen, J. Photochem. Photobiol. A 1992, 63, 327–335. kann angenommen werden, dass 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 entweder einer Oxidation über die Peroxide 2 zu den Chinonen 3 unterliegt. Alternativ ist eine [4+4]-Cycloaddition denkbar,3J. Reichwagen, H. Hopf, A. Del Guerzo, J.-P. Desvergne, H. Bouas-Laurent, Org. Lett. 2004, 6,1899–1902. 4A. G. L. Olive, A. Del Guerzo, J.-L. Pozzo, J.-P. Desvergne, J. Reichwagen, H. Hopf, J. Phys. Org. Chem. 2007, 20, 838–844. deren Produkte die Dimere 4 darstellen.

tetracen-1
Mögliche Photooxidation von 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1.

tetracen-2
Mögliche Dimerisierungsprodukte von 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1.

Sowohl 1 als auch die Zersetzungsprodukte sind als starr anzusehen. Aufgrund der Spiegelsymmetrie sowie des geringen Protonierungsgrades der Verbindungen ist davon auszugehen, dass nur wenige strukturaufklärungsrelevante Informationen erhalten werden können. Daher wird die Frage der Konstitution der Zersetzungsprodukte durch Kombination der Aufnahme von HMBC-Spektren und der Berechnung chemischer Verschiebungen untersucht.

2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 wurde in THF-d8 gelöst, das NMR-Röhrchen verschlossen und die Lösung mit einer Glühbirne (100 W) bestrahlt. Nach jeweils einer Stunde Bestrahlung wurden 1H-Spektren aufgenommen, die zeigten, dass eine Zersetzung stattfindet. Nach fünf Stunden sind keine Signale von 1 mehr sichtbar. Außerdem erscheinen neue Signale, die durch Aufnahme von HSQC- und HMBC-Spektren nach vier Stunden Bestrahlungszeit und Vergleich mit berechneten chemischen Verschiebungen den Peroxiden 2a und 2b zugeordnet werden konnten. Im weiteren Verlauf der Bestrahlung erscheinen auch Signale der Chinone 3a und 3b. Der Hauptzersetzungspfad wird dabei durch 2b und 3b dargestellt.

Durch Verschließen einer Probe unter Vakuum konnte eine sauerstofffreie Lösung hergestellt werden. Erneut wurden 1H-Spektren aufgenommen, in denen jedoch keine Oxidation mehr zu erkennen ist. Stattdessen erschienen Signale, die durch Vergleich mit berechneten chemischen Verschiebungen den Dimeren 4g4l zugeordnet wurden.

Aus diesen Untersuchungen konnten zwei Rückschlüsse gezogen werden: Erstens ist eine Unterdrückung der Chinonbildung durch sauerstofffreie Verarbeitung von 1 möglich. Zweitens ist die reaktivste Position von 1 diejenige, deren Reaktion zu 2b und 3b führt.

Zur Blockierung dieser reaktivsten Position wurden daher von Kolmer-Anderl weitere Stickstoffatome an Stelle der reaktivsten CH-Gruppe in das Molekülgerüst eingeführt. Dies führt zur Klasse der Pyrazino[2,3-b]phenazine,5A. M. Amer, A. A. El-Bahnasawi, M. R. H. Mahran, M. Lapib, Monatsh. Chem. 1999, 130, 1217–1225. und gleichzeitig zu einer weiteren Absenkung der LUMO-Energieniveaus. Auch diese Klasse wurde auf Zersetzungsreaktionen untersucht. Dies geschah an 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5. Für 5 sind erneut sowohl Oxidationsreaktionen zu den Peroxiden 6 und den Chinonen 7 als auch [4+4]-Cycloadditionen zu den Dimeren 8 als Zersetzungsmechanismen denkbar.

tetracen-3
Mögliche Photooxidation von 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5.

tetracen-4
Mögliche Dimerisierungsprodukte von 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5.

Aufgrund der geringen Löslichkeit von 5 in THF-d8 konnten die Zersetzungsprodukte der Bestrahlung nicht aufgeklärt werden. Es zeigte sich aber, dass die Zersetzung deutlich langsamer stattfindet, da nach 20 Stunden Bestrahlungszeit noch signifikante Mengen von 5 vorhanden waren.

Zur Aufklärung der Zersetzungsprodukte wurde 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5 daher auch in CDCl3 gelöst. Die Zersetzung findet darin noch langsamer als in THF-d8 statt, nach 61 Stunden sind noch ca. 45% von 5 vorhanden. Außerdem können die Zersetzungsprodukte zugeordnet werden. Erneut bildet sich zuerst das Peroxid 6a, allerdings in deutlich geringeren Mengen als im Falle des 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalins 1. Die Weiterreaktion zu Chinon 7a kann ebenfalls beobachtet werden, ist aber ebenfalls deutlich langsamer als zuvor. Gleichzeitig finden sich Signale, die durch Vergleich mit berechneten chemischen Verschiebungen den Dimeren 8c und 8d zugeordnet werden konnten.

Zusammenfassend konnten die Zersetzungsmechanismen von 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 unter Lichteinfluss bei Sauerstoffan- und -abwesenheit aufgeklärt werden. Es konnte außerdem gezeigt werden, dass die Einführung zweier zusätzlicher Stickstoffatome die Oxidationsempfindlichkeit von 2,3-Dimethylpyrazino[2,3-b]phenazin 5 im Vergleich zu 2,3-Dimethylnaphtho[2,3-g]chinoxalin 1 deutlich reduziert, sodass auch unter Sauerstoffatmosphäre verarbeitet werden kann. Gleichzeitig zur erhöhten Stabilität konnte von Kolmer-Anderl auch gezeigt werden, dass die LUMO-Energieniveaus abgesenkt werden, was für die Verwendung der Molekülklasse in organischen Feldeffekttransistoren vorteilhaft ist.

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